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Warum es mehr als eine Kirche gibt - die Geschichte von Martin Luther

Wie man auf die Idee kommen kann, Ablässe zu kaufen

Hast du auch den Kopf geschüttelt und dich gefragt, wie man nur so dumm sein kann, Geld für einen Ablass auszugeben?

Oder hättest du auch einen gekauft, so wie die Kellnerin und alle anderen in Jüterbog?

Woher kommt eigentlich die Idee mit den Ablässen?

Gott vergibt doch den Menschen ihre Sünden, nicht wahr?

Stell dir vor, ein Mann hat eine goldene Uhr geklaut.

Stehlen ist nicht in Ordnung, deshalb geht dieser Mann zur Beichte und bekennt, dass er die Uhr gestohlen hat.

Die Sünde wird ihm von Gott vergeben und alles ist gut.

Wirklich?

Irgendetwas stimmt nicht … richtig!

Er kann die Uhr nicht einfach behalten, er muss sie zurückgeben.

Das nennt man Wiedergutmachung.

Für den Uhrendieb ist es recht einfach, die Sache wieder in Ordnung zu bringen, aber wie ist es, wenn man jemanden umgebracht hat?

Ein krasses Beispiel, zugegeben, aber es ist sofort klar: Uhren kann man zurückgeben, Leben nicht.

Wie kann man das wieder in Ordnung bringen?

Wie kann man das wieder gut machen?

Fotoquelle: Pixabay

In früheren Zeiten bestand dann die Strafe darin, dass man für eine gewisse Zeit aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen wurde und nicht zur Kommunion gehen durfte.

Diese Strafe nennt man Ex-Kommunikation.

Die berühmte Wallfahrtskirche Santiago di Compostella. Noch heute gehen Menschen wochenlang den Jakobsweg, der durch Frankreich bis nach Spanien führt, wo dieser Ort liegt. Aber im Gegensatz zu den Menschen im Mittelalter machen sie das, um „einfach mal weg zu sein“ und nicht, um ihre Sünden wieder gut zu machen;
Fotoquelle: Pixabay

Jahrelang aus der Kirche ausgeschlossen zu sein, das war damals sehr unangenehm.

(Stell dir einfach vor, du dürftest vier Wochen nicht zur Schule gehen, weil du etwas angestellt hast.)

Deshalb gab es irgendwann die Regel:

Wenn man eine Wallfahrt zu einem heiligen Ort macht, dann kann man damit die Zeit verkürzen, die man aus der Kirche ausgeschlossen ist.

Viele Menschen nutzten diese Möglichkeit, aber wieder war es doch nicht so gerecht, wie man im ersten Moment gedacht hatte:

Was ist mit Leuten, die zu schwach sind um so eine lange Wallfahrt zu überstehen?

Deshalb gab es nun eine neue Regel:

Wenn man Geld hatte, dann durfte man einen anderen Menschen bezahlen, der die Wallfahrt für einen selbst übernahm.

Und damit war die Idee geboren, dass man ja, um seine Sünden wieder gut zu machen, einfach etwas Gutes tun konnte:

Ein Krankenhaus stiften, für die Renovierung einer Kirche bezahlen, eine Kirche bauen oder ein Kloster gründen.

Ein handgeschriebener Ablassbrief; Fotoquelle: wikipedia commons

Damit das Geld besser und gerechter verteilt werden konnte und in wirklich wichtige Projekte floss, entwickelte sich der Ablassbrief.

Man kaufte, um seine Sünden wieder gut zu machen, einen Ablassbrief.

Das Geld für den Ablass bekam der Papst, der dafür sorgen sollte, dass es an die richtigen Stellen kam.

So viel schönes Geld ist auch für Päpste eine große Versuchung und viele Päpste kamen auf die schlaue Idee, das Geld aus dem Verkauf der Ablassbriefe wäre auch in einem prunkvollen Papstpalast gut angelegt.

Als Johannes Gutenberg die Druckerpresse erfand, da nahm die Sache mit den Ablassbriefen erst richtig Fahrt auf.

Jetzt musste man die nämlich nicht mehr mit der Hand schreiben, man konnte sie drucken!

Leo X., der Papst zur Zeit Martin Luthers, hatte ein besonderes Bauprojekt, für das er sehr viel Geld brauchte: Die Peterskirche in Rom.

Der Erzbischof Albrecht von Mainz und Magdeburg schuldete dem Papst sowieso Geld.

(Damals musste man Geld an den Papst zahlen, wenn man Bischof werden wollte, schreckliche Sache, ich weiß).

Der Papst erlaubte dem Erzbischof im Jahr 1517 in seinem Namen Ablassbriefe zu verkaufen um die Schulden zu bezahlen.

Der Erzbischof beauftragte Johannes Tetzel, der ein sehr erfolgreicher Ablasshändler war.

Tetzel hatte die Idee, dass man Ablassbriefe auch für Menschen kaufen konnte, die schon verstorben waren, und, dass man sich damit auch von Sünden frei kaufen könnte, die man erst noch begehen würde.

„Schaden kann es ja nicht!“ sagte die Kellnerin.

Luther aber erkannte:

„Ablässe schaden!

Die Menschen verlassen sich nicht mehr darauf, dass Jesus uns erlöst hat und – es tut ihnen nicht mehr leid, wenn sie etwas angestellt haben!“

Menschen machen immer wieder Fehler.

Vielleicht streiten Maximilian und Leonhard in der nächsten Woche wieder und müssen sich wieder versöhnen.

Aber zur Versöhnung gehört der kurze Moment, in dem man sagt: Es tut mir leid.

Denn Gott vergibt so tausend Mal am Tag.

Fotoquelle: Pixabay

Ablasshandel ist inzwischen in der Kirche verboten, aber die Idee, böse Taten einfach mit guten Taten auszugleichen, die gibt es heute noch.

Ein Beispiel:

Mit dem Flugzeug fliegen ist schlecht fürs Klima, aber man will nicht darauf verzichten.

Also zahlt man einen Betrag, den man sich sogar berechnen lassen kann, an eine Organisation, die sich fürs Klima einsetzt, und alles ist wieder gut.

Wirklich?