Die Bilder stammen vom Kibiwe 2016 und wurden von Gabi Neubauer aufgenommen.
Vielen Dank!
Ein Fest im Hause Luther
(Sommer 1505)
In dem kleinen Städtchen Mansfeld im Kurfürstentum Sachsen deckt Frau Margarete Luther den Tisch in der guten Stube.
Es gibt ein großes Fest zu feiern!
Auch Johann Luther ist stolz und glücklich.
Er hat sich von einem einfachen und armen Bauernjungen mit viel Fleiß und Sparsamkeit hochgearbeitet.
Heute besitzt er vier Kupferminen und ist ein angesehener Bürger in der Stadt Mansfeld.
Seine Söhne sollen es einmal besser haben:
Sein Sohn Hans wird eines Tages seinen Platz einnehmen.
Für seinen Sohn Martin hat er andere Pläne:
Den hat er schon als kleinen Jungen auf die Lateinschule in Mansfeld geschickt, damit er dort eben Latein lernt, die Sprache der Gelehrten, dann auf die Schulen nach Magdeburg und Eisenach und zu guter Letzt auf die Universität nach Erfurt.
Jetzt kommen die Nachbarn.
Der Vater hat sie eingeladen, damit sie sehen, wie weit er es gebracht hat.
Der Vater hält eine Rede:
„Heute ist ein großer Tag für unsere Familie, denn Martin, mein lieber Sohn, hat vor wenigen Wochen die Prüfungen an der Universität in Erfurt mit allen Ehren bestanden und darf sich jetzt Magister Artium nennen.“
Peter, der Sohn der Nachbarn, fragt: „Was ist das?“ und Hans erklärt es ihm:
„Das ist ein gelehrter Mann, der fließend Latein spricht, in der Redekunst, der Mathematik und der Philosophie bewandert ist und den Lauf der Sterne kennt.“
„Da werden sich die Mädchen in Mansfeld wohl nach Eurem Martin umschauen,“ sagt der Nachbar.
Aber der Vater antwortet:
„Unser kleines Mansfeld ist für meinen Martin nicht mehr gut genug.
Es ist mein Wunsch und Wille, dass er in Erfurt Jura studiert und eines Tages Berater unseres Kurfürsten wird und so unserer Familie und natürlich auch unserem Städtchen Mansfeld zu Einfluss und Reichtum verhilft.“
Der Vater hat ein Geschenk für Martin: Es ist ein Buch, dass Martin für sein Studium brauchen wird.
Das Buch war nicht billig: Es ist so wertvoll wie zwei Ochsen oder ein kleines Haus.
„Wie kann ein Buch so teuer sein?“ fragt Hans.
Martin erklärt: „Früher waren Bücher noch unbezahlbar teuer, denn man musste sie mit der Hand schreiben.
Seit 50 Jahren gibt es den Buchdruck und Bücher werden gedruckt, aber sie sind immer noch sehr wertvoll.
Ich danke Euch, Vater.“
Der Vater sagt: „Lasst uns die Becher erheben auf eine glänzende Zukunft für dich, Martin, unsere Familie und auch unser kleines Mansfeld!“
Auf dem Weg von Mansfeld nach Erfurt
(2. Juli 1505)
Martin macht sich auf den Weg zurück nach Erfurt.
Peter und Hans verabschieden ihn.
Hans fragt Martin: „Warum bist du so griesgrämig? Das ist mir schon beim Fest aufgefallen!“
Martin antwortet: „Hast du keine Angst, Angst vor dem Tod?
Ich habe Angst davor, nach dem Tod vor Jesus Christus zu stehen, der ein strenger Richter ist.
Er wird mich wegen meiner Sünden verdammen. Ich habe Angst in die Hölle zu kommen.“
(Vielleicht wunderst du dich, dass Martin vor Jesus, der Hölle und natürlich auch Gott so viel Angst hatte, aber alle Menschen lebten damals mit dieser Angst.
Die Pfarrer erzählten den Menschen in ihren Predigten viel über die Hölle, die Bischöfe taten es und der Papst auch.
Die Pfarrer, die Bischöfe und der Papst glaubten das auch selbst, das darf man nicht vergessen.)
„Ich bete jeden Tag und mache jedes Jahr zu Fuß eine Wallfahrt,“ entgegnet Hans.
„Und ich habe ein heiliges Amulett mit einem Haar der heiligen Anna,“ erwidert Peter.
„Gott ist streng, unbestechlich und gerecht,“ sagt Martin.
„Eines Tages werde ich vor unserem Herrn Jesus Christus stehen und er wird Rechenschaft von mir fordern. Davor fürchte ich mich mehr als vor allem anderen auf der Welt.“
Dann macht Martin sich auf den Weg.
Er geht wie immer zu Fuß (von Mansfeld nach Erfurt sind es übrigens über 80 Kilometer), da gerät er in ein Gewitter.
Ein Blitz schlägt direkt neben ihm ein.
Martin hat Todesangst und er ruft:
„Ich will mein Leben ändern und es Gott weihen! Heilige Anna, ich will ein Mönch werden!“
Und so geschah es.
Martin brach sein Studium ab und trat in ein strenges Kloster in Erfurt ein.
Dort wurde er Mönch.
Sein Leben bestand jetzt aus Schweigen, Arbeiten, Fasten und Beten.
Aber Martin dachte sich: „Wenn ich mich an die strengen Regeln im Kloster halte, dann brauche ich keine Angst mehr vor Gott zu haben.“
Sein strenger Vater war nicht einverstanden damit, das kannst du dir denken.
Aber Martin fürchtete sich vor Gott mehr als vor seinem Vater.