„Endlich sind wir frei!“ jubelten die Israeliten. Aber wie geht die Geschichte weiter?
Schon wenige Wochen später war es vorbei mit der guten Laune, denn der Weg hatte das Volk mitten in die Wüste geführt.
Die Essensvorräte waren aufgebraucht und die Leute fingen an sich bei Mose und Aaron zu beschweren: „Wären wir doch nur in Ägypten geblieben, wo wir immer genug zu essen hatten! Ihr habt uns nur deshalb in die Wüste geführt, um uns alle am Hunger sterben zu lassen!“
Gott sprach zu Mose: „Sage den Israeliten: Am Abend werdet ihr Fleisch essen und am Morgen werde ich Brot vom Himmel regnen lassen!“
Und so geschah es.
Am Abend flogen Schwärme von Wachteln heran und ließen sich erschöpft im Lager nieder, am Morgen lag auf dem Wüstenboden etwas Feines, Knuspriges wie Tau auf der Erde.
„Was ist das?“ fragten die Israeliten und Mose sagte: „Das ist das Brot, das Gott euch zum Essen gibt.“
Die Israeliten zogen immer weiter in die Wüste hinein.
Die Wasservorräte gingen zur Neige und alle hatten furchtbaren Durst. „Warum habt ihr uns in die Wüste geführt?“ fragten die Leute Mose und Aaron. „Wollt ihr uns, unsere Kinder und unser Vieh verdursten lassen?“
Mose schrie zu Gott: „Was soll ich mit diesen Leuten nur machen? Es fehlt nur wenig und sie steinigen mich!“
Gott antwortete: „Nimm deinen Stab, schlage dort drüben an den Felsen und es wird Wasser herauskommen.“
Mose nahm seinen Stab, schlug gegen den Felsen und aus dem Felsen strömte Wasser, so dass niemand mehr Durst leiden musste.
Brot vom Himmel und Wasser aus dem Felsen – das ist doch ein Wunder, nicht wahr?
Was ist überhaupt ein Wunder?
Ein Wunder ist etwas Gutes und es ist etwas sehr Seltenes. Manche meinen, es ist so selten, dass es fast gar nicht zu erklären ist.
Also dann, ich habe auch schon ein Wunder erlebt …
Dieses Frühjahr habe ich eine Tomatenpflanze gekauft.
Und weißt du, was daran gewachsen ist?
Tomaten!
Das ist normal, meinst du?
Ich denke nicht!
Komm mit auf eine Reise, nur wenige Kilometer entfernt.
Unsere Erde ist wie eine kleine Oase in der großen Wüste des Universums.
Sie ist etwas Gutes, sie ist etwas sehr Seltenes, so selten, dass es fast gar nicht zu erklären ist.
Und Tomatenpflanzen findest du im großen Universum sonst ganz sicher nicht.
Im Sinai gibt es übrigens eine Pflanze, die gelegentlich von Läusen befallen wird. Die Läuse produzieren eine Flüssigkeit, die zum Boden fällt, dort trocknet und wie Tau aussieht.
Die Nomaden im Sinai kennen diese Pflanze und wissen, wo man sie findet. Sie sammeln die getrocknete Flüssigkeit und da sie genießbar ist, wird sie gegessen.
Im Sinai gibt es auch Felsen, die innen hohl sind und außen porös. Wenn es mal regnet, füllt sich der Fels mit Wasser. Anschließend verschließt Sand die Poren außen am Fels und das Wasser ist im Fels eingeschlossen.
Die Nomaden im Sinai wissen, wo man diese Felsen findet. Sie kratzen mit einem Stock den Sand von den Poren und Wasser fließt aus dem Felsen.
Nach drei Monaten, so erzählt die Bibel, kamen die Israeliten am Berg Horeb an.
Dort schlugen sie ihr Lager auf.
Gott sprach zu Mose:
„Sage den Israeliten: Ich habe euch aus Ägypten befreit und wie auf Adlerflügeln getragen und hierher gebracht. Ich will mit euch einen Bund schließen. Ich will euer Gott sein, ihr sollt mein Volk sein.“
Findest du es seltsam, dass Gott die Israeliten erst fragt, ob sie überhaupt etwas mit ihm zu tun haben wollen?
Aber so erzählt es die Bibel: Gott will einen Bund mit den Israeliten schließen.
Ein Bund ist so etwas wie ein Vertrag.
Und zu einem Bund gehört, dass beide Bundespartner damit einverstanden sind.
Mose fragte also das Volk Israel und das Volk stimmte zu:
„Ja, wir wollen mit Gott einen Bund schließen.“
Die Israeliten glaubten fest:
Alles, was wir zu einem guten Leben haben, ist ein Wunder, ein Geschenk Gottes.
Und zu einem guten Leben gehören auch Gebote, die regeln, wie die Menschen miteinander umgehen.
Feuer, Blitz und Donner, Rauch und Erdbeben gehen den zehn Geboten voran. So weiß jeder und jede: Jetzt kommt was ganz Wichtiges. Fotoquelle zu Bild 2 und 3: Pixabay
Die Bibel erzählt: Dieses eine einzige Mal sprach Gott selbst zum ganzen Volk und alle konnten seine Stimme hören.
Das 1. Gebot sagt: Wer an den Gott der Bibel glaubt, der darf keine anderen Götter verehren und auf sie hören.
Wir Menschen hören auf andere Menschen: Eltern, Großeltern, Freunde und Freundinnen, Lehrkräfte … .
Das ist normal.
Aber wusstest du, …
… dass Menschen davon leben, andere Menschen zu beeinflussen?
Das englische Wort „Influencer“ heißt auf Deutsch: „Beeinflusser“.
Es viel schwieriger, nur auf Gott zu hören, als man im ersten Augenblick denkt.
Die wenigsten Menschen schaffen das wirklich.
Ich denke, Martin Luther King war so ein Mensch, der nur auf Gott hörte. Fotoquelle: Pixabay
Der Name Gottes
Gott offenbart Mose seinen Namen
Das 2. Gebot sagt, dass man den Namen Gottes nicht missbrauchen soll.
Vielleicht geht es ja darum, dass man Gott nicht beleidigen darf …
2006 gewann Italien die Fußballweltmeisterschaft. Spielentscheidend war im Finale folgende Szene:
Der Spielführer der Franzosen, Zinedine Zidane, verabreichte dem italienischen Spieler Marco Materazzi nach einem Wortgeplänkel einen Kopfstoß und wurde mit einer roten Karte des Feldes verwiesen.
Ohne ihren Spielführer unterlagen die Franzosen den Italienern.
Wie hat Marco Materazzi es geschafft, Zinedine Zidane so zu provozieren, dass der die Beherrschung verlor?
aufgenommen im August 2014 in Neapel
Marco Materazzi hatte die Schwester von Zinedine Zidane beleidigt.
Menschen fühlen sich besonders verletzt, wenn jemand ihre Familie oder eben auch ihren Gott beleidigt.
Am 11. September 2001 ereignete sich der Terroranschlag auf das World Trade Center in New York: Terroristen entführten zwei Flugzeuge und lenkten sie in die beiden Wolkenkratzer. Beide stürzten ein und an die 3000 Menschen starben.
Wie kann man nur so etwas machen?
Nun, die Terroristen behaupteten, dass Gott ihnen befohlen habe die Ungläubigen zu töten.
Immer wieder tun Menschen schlimme Dinge im Namen Gottes und missbrauchen so seinen Namen.
Das ist so, als würden sie für das, was sie tun, die „Unterschrift Gottes“ fälschen.
Auch unter Menschen ist es gemein, den Namen oder die Unterschrift eines anderen zu fälschen. Und denke daran: Niemand darf dich zwingen, etwas zu unterschreiben, wenn du das nicht willst.
Ein heiliger Tag für alle
Der Sonntag ist nicht etwas Besonderes, weil man frei hat, sondern weil möglichst alle an diesem Tag frei haben sollen.
Wann soll man denn sonst was gemeinsam unternehmen?
Oma und Opa
Beim 4. Gebot geht es mehr um die Großeltern als um die Eltern.
Wer Oma und Opa am meisten am Herzen liegt, das ist vollkommen klar:
Ihre Enkelkinder!
Für die tun sie wirklich alles.
Und was können die Enkelkinder für Oma und Opa tun?
Sie besuchen, ihnen helfen und zu ihnen nett sein.
Klingt einfach, ist es auch.
Wer sorgt für Recht und Ordnung?
Beim 5. Gebot ging es ursprünglich darum, die Spirale der Gewalt und der Rache zu unterbrechen.
Jeder und jede kennt ja solche Geschichten:
Auf dem Pausenhof gibt es eine Schlägerei. Nachdem die Rauferei durch die Lehrerin beendet wurde, verteidigt sich einer: „Der andere hat mich geschubst!“
Ist er also im Recht?
Nein.
So langweilig es auch ist und so gerne man selbst rächen möchte:
Dafür gibt es Pausenaufsichten.
Und deren Aufgabe ist es, für Frieden zu sorgen und Streit zu schlichten.
Bei den Erwachsenen ist übrigens die Polizei dafür zuständig.
Und auf dem Fußballplatz ist es Aufgabe des Schiedsrichters oder der Schiedsrichterin. Fotoquelle: Pixabay
Freundschaft
Im 6. Gebot geht es eigentlich um Beziehungen zwischen erwachsenen Leuten.
Deshalb hier ein paar Gedanken, was Freunde und Freundinnen nie machen sollten.
Streit kommt in jeder Freundschaft vor.
Betrügen, lügen und schlecht hinter dem Rücken des anderen über ihn reden ist sehr oft das Ende einer Freundschaft.
Fotoquelle: Pixabay
Wenn niemand stehlen würde …
Im 7. Gebot geht es ums Stehlen.
Stell dir mal Folgendes vor:
In der Garderobe in der Schule sind fünf Euro liegen geblieben.
Und stell dir vor, alle würden sich an das Gebot halten: „Du sollst nicht stehlen!“
Weißt du, was mit den fünf Euro passieren würde?
Bevor du Sachen mitnimmst, die du zufällig findest, überlege: Gibt es eine Chance, dass der Besitzer gefunden werden kann?
Sie würden einfach liegenbleiben.
Hast du dir schon mal überlegt, wie viele Dinge unseren Alltag bestimmen, weil sich Menschen nicht an das 7. Gebot halten?
Das alles bräuchten wir nicht …
Fotoquelle Pixabay
Vertrauen
Fotoquelle: Pixabay
Beim 8. Gebot geht es ums Lügen.
Das Schlimme am Lügen ist: Man weiß eben nicht, ob der andere die Wahrheit sagt oder lügt. Und nicht nur das …
Ein Schüler hat seine Hausaufgaben gemacht, aber leider zu Hause vergessen. Das sagt er seiner Lehrerin, aber sie glaubt ihm nicht.
Viele denken, die Lehrerin ist so misstrauisch, weil der Schüler sie schon öfters angelogen hat.
Aber das muss nicht stimmen.
Die Lehrerin glaubt ihm nicht, weil andere schon vor ihm sie angelogen haben.
Das Lügen weniger zerstört das Vertrauen in einer Gemeinschaft, weil niemand mehr dem anderen glaubt.
Wir modernen Menschen denken uns: Wie kann man nur auf die Idee kommen, das Bild oder die Statue von einem Kalb anzubeten?
Nun, das ist eine Modefrage, ehrlich gesagt.
Um die Sache zu verstehen, muss man wissen, dass zurzeit des AT die Verehrung von Göttern in Form von Stierbildern sehr angesagt war.
Und, Hand aufs Herz: Wie oft hast du dir schon gedacht, Gott müsste so sein, wie du ihn gerne hättest?
Siehst du, es ist für uns Menschen gar nicht so einfach zu akzeptieren, dass Gott eigentlich unerklärlich ist.
Aber, vielleicht erzähle ich dir die Sache von Anfang an.
Nachdem Gott die zehn Gebote den Israeliten persönlich verkündet hatte (die einzige Stelle in der Bibel, in der Gott direkt zum ganzen Volk spricht), schickten die Israeliten wieder Mose vor: „Sprich du mit Gott, wir fürchten uns!“
So ging Mose auf den Gottesberg, um von Gott das Kleingedruckte und genauere Regeln zu erhalten, wie die Israeliten miteinander umgehen sollten.
Das dauerte.
Genauer gesagt: Es dauerte 40 Tage und 40 Nächte.
In der Zwischenzeit warteten die Israeliten am Gottesberg. Und irgendwann kamen ihnen seltsame Gedanken: Vielleicht ist dieser Mose da oben auf dem Berg … gestorben? Und da er ihre einzige Verbindung zu Gott zu sein schien, suchten sie einen Ersatz.
Überhaupt, dieser Gott, der sie da aus Ägypten herausgeführt hatte, dieser ICH-BIN-FÜR-EUCH, erschien ihnen fremd und fern.
Mit einem Gottesbild, so dachten sie, könnten sie gleich beide Probleme lösen: Dann würden sie wissen, wie sie mit Gott dran wären, und könnten wieder direkt mit Gott in Verbindung treten.
Und weil sie eben nicht besonders originell dachten, fiel ihnen als erstes ein Kalb ein. So als eine Art Kompromiss zwischen einem Stier und gar keinem Gottesbild.
In Gold, natürlich. Was denn sonst?
Aaron war zunächst noch etwas zögerlich, ließ sich dann aber ziemlich schnell breitschlagen für diese Sache und die Spendenbereitschaft bei den Leuten war groß.
Und offensichtlich war Aaron selbst ziemlich angetan von seinen Fähigkeiten im Herstellen von Goldkälbern.
Das Feedback war nämlich überraschend gut: „Das ist der Gott, der uns aus Ägypten herausgeführt hat!“ meinten alle.
Und so rief Aaron das Volk zur ultimativen Party auf: „Morgen feiern wir ein Fest für diesen Gott!“
Gesagt, getan. Langweilig war es jetzt nicht mehr.
Exakt zu dem Zeitpunkt kam Mose endlich vom Gottesberg zurück, beladen mit zwei steinernen Tafeln, vorne und hinten beschrieben.
Die Bibel erzählt, dass Mose hin und her gerissen war zwischen Traurigkeit und Wut. Und extrem eskalierte:
1. Er zerschmetterte die zwei steinernen Tafeln, kaum dass er am Fuß des Berges angekommen war.
2. Er fackelte das goldene Kalb ab und zermahlte es zu Staub. Den Staub streute er in Wasser und ließ das die Israeliten trinken.
3. Er ließ 3000 Menschen umbringen.
Danach tat es Mose leid. Er ging wieder auf den Gottesberg hinauf: „Nimm ihre Sünde von ihnen! Wenn nicht, dann streiche mich aus deinem Buch!“ bat Mose Gott.
„Ich streiche nur die aus meinem Buch, die sich versündigt haben,“ antwortete Gott.
Und dann schrieb Gott die steinernen Tafeln neu für Mose und die Israeliten.
Sehr oft hatte das Volk Israel Probleme: Andere Völker beherrschten und unterdrückten das Land, zerstörten Jerusalem und verschleppten große Teile der Bevölkerung.
Die Menschen dachten, dass das die Strafe Gottes für ihre Sünden oder für die ihrer Vorfahren sein müsse. Auch die Geschichte vom goldenen Kalb sollte erklären, warum es den Israeliten so schlecht ging.
Irgendwann kam das Volk Israel drauf, dass diese Erklärung für das Leid, das sie erlebten, nicht richtig ist.